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Mit Freibier aus der Krise!

Wie wird Neuss aussehen, wenn die Pandemie eines Tages vorüber ist? Wir wollen dem öffentlichen Leben neuen Schwung verleihen, die gebeutelte Gastronomie unterstützen und – sobald es sicher ist –  das Ende der Krise gemeinsam feiern. Das will natürlich gründlich vorbereitet sein. Deshalb bringen wir unser umfangreiches Programm zur Rettung der Kneipenkultur und zur Wiederbelebung der Gastronomie schon einmal jetzt in den Rat.

Antrag zur Sitzung des Rates am 12. März 2021

„Gaudeamus igitur:  Mit Freibier aus der Krise“

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

„permanente Krisen gibt es nicht“ wusste bereits der für seinen Optimismus bekannte Karl Marx[1]. Dies, so muss der Mensch hoffen, gilt auch für die gegenwärtige. Permanente Folgen einer Krise freilich sind dadurch nicht ausgeschlossen. In Neuss betrifft dies insbesondere Kulturschaffende und Gastronomen – wobei letztere bei genauem Hinsehen eine Teilgruppe der ersteren sind, wovon das Wort „Kneipenkultur“ einen überflüssigen Beweis liefert. Damit der nun allerorten hör- und lesbare Aufruf „Mit Schwung aus der Krise“ keine Phrase bleibt, welche bekanntlich immer hohl ist, stellen wir zu den TOP 13 und 14 der Sitzung des HSA am 25.2.2021 folgenden Änderungs- und Ergänzungsantrag:

1. Die Stadt teilt zum Ende des „Lockdowns“ unbürokratisch Verzehrgutscheine für die Neusser Gastronomie an alle Einwohnerinnen und Einwohner kostenlos aus und bereitet diese Ausgabe bereits jetzt vor. Die Gutscheine sollen mit der Wiedereröffnung der Gastronomie zur Verfügung stehen und nur an den Wochentagen Montag bis Donnerstag in den Neusser Gaststätten und Kneipen eingelöst werden können.Als Orientierung dient ein Wert von 20 Euro pro Gutschein. Die Finanzierung erfolgt über die nicht abgerufenen Gelder des Neusser Standortstärkungsfonds. Die Gutscheine sollen einen Monat lang gültig sein. Eine Wiederholung ist möglich, bis die vorhandenen Mittel erschöpft sind.

2. Die Stadt beginnt sofort mit der Einrichtung einer Lieferplattform für Neusser Gastronomen. Es soll nicht nur eine Übersicht der liefernden Restaurants erfolgen, sondern auch die Abwicklung von Bestellungen ermöglicht werden. Das Angebot soll für Nutzer und Gastronomen kostenlos sein.

3. Nach dem Ende der Pandemie wird ein großes Stadtfest ausgerichtet. Die Neusser Kneipenwirte und Gastronomen erhalten die Möglichkeit, ihre Produkte anzubieten. Zugleich werden Neusser Kulturschaffende sowie der örtliche Buchhandel eingebunden. Der Ausschank von Freibier und kostenlosen alkoholfreien Getränken ist obligatorisch Die Kosten für das Fest übernimmt die Stadt.

4. Die Terassengebühren werden für das Jahr 2021 erlassen.

5. Öffentliche Wege, Straßen und Plätze werden für die gastronomische Nutzung vor den Restaurants und Kneipen freigegeben.

Begründung:

Zu 1.: Die Neusser Wirte brauchen, sobald der Lockdown für sie endet, nicht so sehr eine zusätzliche Möglichkeit , sich zu präsentieren, als vielmehr kräftigen Umsatz. Dem könnte der pandemiebedingte Kaufkraftschwund Vieler entgegenstehen. Manche sollen sich sogar während der Pandemie das Trinken völlig abgewöhnt haben. Der einer alten Römerstadt wie Neuss angemessene kategorische Imperativ „ergo bibamus“ kann indes nicht allein von den Ratsleuten erfüllt werden, zumal viele neue Kolleginnen und Kollegen die Sitten und Gebräuche des Rates erst unzureichend kennen.  Als Instrument einer zu anderen Zeiten auch in unseren Reihen nicht völlig unumstrittenen nachfrage-orientierten Wirtschaftspolitik bieten sich deshalb Konsumgutscheine für die breite Bevölkerung an. Von manchen Kommunen in der Corona-Pandemie bereits umgesetzt[2] – so z.B. im SPD-regierten Bad Belzig – ,  werden solche Konsumgutscheine aktuell u.a. auch vom Ökonom Peter Bofinger gefordert[3].

Um bloße Mitnahmeeffekte zu vermeiden, sollen die von uns vorgeschlagenen Gutscheine nur an den sonst umsatzschwächeren Tagen gelten und zudem eine Geltungsdauer von maximal einem Monat haben.

Zu 2.: Durch eine kommunale Lieferplattform kann die Abhängigkeit der Gastronomen von teuren Privatangeboten geschmälert werden. Ein größerer Teil des Umsatzes im Liefergeschäft würde in den Neusser Betrieben verbleiben, die bisher Provisionen für gewerbliche Lieferplattformen zahlen müssen. Beispiele solcher städtischer Lieferplattformen gibt es bereits aus zahlreichen Kommunen.

Zu 3.:  Bereits im Mittelalter wurden, wovon noch viele heutige Stadtfeste zeugen, große städtische Feiern nach überstandener Gefahr zelebriert. Der bekannte Münchener Schäfflertanz, so die Legende, wurde erstmals während der Pestepidemie des 16. Jahrhunderts ausgeführt, um das öffentliche Leben wieder in Gang zu bringen, nachdem sich die Bevölkerung nicht mehr auf die Straßen traute. Bestandteil vieler Feste war die kostenlose Verteilung von Wein und Gebäck. Essen und Trinken, so wusste man, hält nicht nur Leib und Seele, sondern auch Gemeinschaften zusammen. Was liegt also näher als ein gemeinschaftsstiftendes Fest zur Überwindung dieser Pandemie und der durch sie herbeigeführten Vereinzelung vieler? Ein solches Fest könnte eine neue Tradition begründen. Wichtig ist, dass kein NeusserX ausgeschlossen wird, insbesondere nicht aufgrund Geldmangels. Solcher Geldmangel ist nicht zuletzt oft Folge eben jener Maßnahmen, deren Ende gefeiert werden soll. Wer unterdessen mehr an merkantilen Folgen interessiert ist, mag sich über die touristische Wirkung eines solchen Fests freuen.   

Zu 4. und 5.:  Diese Maßnahmen, wiewohl größtenteils von der Verwaltung bereits von sich aus ins Gespräch gebracht, wurden von CDU, SPD, Grünen und UWGetc. beantragt, aber noch nicht von uns.  

Mit freundlichen Grüßen

Roland Sperling

(Fraktionsvorsitzender)


[1] Theorien über den Mehrwert, MEW 26.2/497

[2] https://www.businessinsider.de/wirtschaft/handel/auch-deutsche-staedte-wollen-jetzt-mit-konsumgutscheinen-einzelhandel-retten/

[3] https://www.spiegel.de/wirtschaft/peter-bofinger-fordert-50-euro-einkaufsgutschein-fuer-jeden-bundesbuerger-a-bd92ee9f-3aa3-4957-842f-23f23987756d

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